8. Tag – Die Niagara-Fälle

Das Besucherzentrum
Mit solch einem Trolley fuhren wir zu den Wasserfällen
Der weitläufige Park
Die American Falls
Die American Falls
Die American Falls
Die American Falls
Die Gichtsäule bei den Horseshoe Falls

Schon früh machten wir uns auf den Rückweg nach Detroit. 13 Stunden Fahrt lagen vor uns, die wir an zwei Tagen bewältigen wollten. Am nächsten Tag sollte um 21.50 Uhr unsere Maschine nach Amsterdam starten, und am darauf folgenden Tag würden wir gegen Mittag wieder europäischen Boden betreten. Doch zunächst lag wieder eine Fahrt durch die „wilderness“ vor uns. Wir hatten uns vorgenommen, bis zum Eriesee zu fahren und einen Abstecher zu den Niagara-Fällen, nur 15 Meilen von der Interstate 90, die wir nehmen mussten, entfernt. Auf dem Weg durch die „wilderness“ kamen wir an einem Baustellenschild vorbei, das rechts und links mit roten Fähnchen markiert war. „Guck da, Andrea war hier“, meinte Linda, und wir mussten angesichts des beflaggten Gartens in Jay herzlich lachen. Gelacht haben wir unterwegs übrigens sehr viel. Aus dem Weg durch den Wald der Adirondacks fragte Linda einmal „Wo sind wir jetzt?“. Und ich studierte eingehend die Karte, auf der zwar das Waldgebiet, nicht aber einzelne Ortschaften (die hier ja sowieso kaum vorkamen) eingezeichnet waren. „Im Wald“, erklärte ich nach einer Weile völlig ernsthaft. Darauf Linda trocken: „Du bist wirklich blond. Denn das hätte ich auch ohne einen Blick in die Karte gewusst…“
In Watertown verließen wir die „wilderness“ wieder, und über die Interstate ging es weiter bis Buffalo und von dort zu den Niagara-Fällen. Schon aus mehreren Kilometern Entfernung sahen wir eine riesige Gichtfontäne. Das waren die „Horseshoe Falls“, die Wasserfälle auf kanadischer Seite. Der Staat New York hat bereits im Jahr 1885 auf amerikanischer Seite den Niagara Falls State Park errichtet. Er ist damit der älteste State Park in den USA. Noch nie habe ich erlebt, dass ein Naturschauspiel so professionell vermarktet wird wie hier an den „American Falls“. Von der amerikanischen Seite aus kommt man über die „Rainbow Bridge“ hinüber nach Kanada. Von dieser Brücke aus hat man einen fantastischen Blick auf die Wasserfälle. Da wir mit unserem Mietwagen die USA nicht verlassen durften, konnten wir diese Brücke allerdings nicht befahren. So suchten wir einen Parkplatz bei den „American Falls“. Obwohl es inzwischen fast 17 Uhr war, waren die Parkplätze immer noch brechend voll. Doch wir hatten Glück: 10 Dollar Parkgebühr, und wir konnten ein Plätzchen ganz in der Nähe des Besucherzentrums finden. Unzählige Japaner, mit schweren Fotoapparaten ausgerüstet, kreuzten unseren Weg. Im Besucherzentrum mussten wir uns lange durchfragen, bis einer der Mitarbeiter uns Auskunft gab. Während der ganzen Tour war uns schon aufgefallen, dass viele Mitarbeiter in Hotels, Restaurants und Einkaufszentren, vor allem in Tourismus-Gebieten, sehr unfreundlich und alles andere als zuvorkommend und hilfsbereit waren. „nine-Eleven“, wie die Amerikaner den 11. September 2001 nennen, hat hier vieles verändert. Die Menschen sind vorsichtiger und misstrauischer geworden. Das merkt man nicht nur im Internationalen Flugverkehr, sondern auch im alltäglichen Umgang. Vor zwei Jahren in Kalifornien war das noch anders. Da waren wir mit Grady unterwegs, einem Einheimischen, und das Verhalten der Menschen war spürbar freundlicher. Jetzt, wo wir alleine waren, merkte man (vor allem wohl an meinem Akzent, denn Linda, die ja halbe Engländerin ist, spricht perfekt Englisch), dass wir Fremde waren, und behandelte uns auch entsprechend.
Wir erfuhren also nach längerem Fragen endlich, dass wir mit einem Trolley zu den American Falls fahren könnten. Das würde zwei Dollar kosten. Uns wurde ein Bändchen ausgehändigt, das wir am Handgelenk befestigen mussten. Wo der Trolley abfahren würde, sagte man uns nicht. Das mussten wir selbst herausfinden. Das einzige, was wir erfuhren, war, dass wir „downstairs“, also eine Etage tiefer, mussten. Aber da Linda und ich ja schon große Mädels sind, fanden wir die Haltestelle auch alleine. Auch Fahrer und Beifahrerin des total überfüllten Gefährts zeichneten sich nicht gerade durch Freundlichkeit aus. Wir stiegen bei „Cave of the Winds“. Auch hier, wie schon am Besucherzentrum, ein Info-Center, Filmvorführungen, Restaurant und Imbiss. Von hier aus konnte man Schiffstouren buchen, die unter den Wasserfällen entlang führten. Was aber nur mit entsprechendem Regencape (zu entsprechenden Preisen) möglich war. Wir begnügten uns damit, das gigantische Schauspiel des tosenden Wassers von oben zu bewundern. Später ging es mit dem Trolley weiter zu den kanadischen „Horseshoe-Falls“, die wir jedoch nur aus dem Fahrzeug heraus beobachten konnten. Wären wir ausgestiegen, hätten wir ewig lange auf den Nächsten Trolley warten müssen – und schließlich wollten wir an diesem Tag ja noch ein gutes Stück weiter fahren…
Vorbei an den „Three Sisters Islands“, wo man Wasservögel beobachten kann, ging es wieder zurück zu unserer Ausgangsstation.
Die Niagara-Fälle sind schon ein ganz besonderes Erlebnis. Doch die Vermarktungsmaschinerie drum herum hat mich doch etwas erschreckt. Fast jeder Schritt ist mit irgendwelchen Kosten verbunden. Man hat hier zwar einen wunderschönen Park angelegt, und viele seltene Vögel haben hier ein Zuhause gefunden – doch muss es wirklich sein, dass man Besucher derart „ausnimmt“ und dann auch noch derart unfreundlich behandelt?
Wir fuhren an diesem Tag noch weiter bis Erie in Pennsylvania. Amerikanische Interstates haben für Reisende eine praktische Besonderheit: Entlang der Straße gibt es regelmäßig Schilder, auf denen die nächste „Lodging Area“, „Resting Area“ oder „Gas-Area“ (Benzin wird in den USA „Gas“ genannt) angekündigt wird. Auf diesen Schildern ist abgebildet, welche Hotels, Restaurant bzw. Tankstellen sich an der nächsten Ausfahrt befinden und wie weit es zur nächsten Area ist. Alle Ausfahrten auf den Interstates sind übrigens deutlich lesbar nummeriert. Auch das hilft erheblich bei der Orientierung. Tanken in den USA ist etwas anders als hier bei uns. Man muss entweder sein Benzin im Voraus bezahlen (was bedeutet, dass man ziemlich genau abschätzen muss, wie viel Sprit man braucht – denn hat man mehr gekauft, als in den Tank passt, bekommt man nichts zurück) oder an der Tanksäule mit Kreditkarte (die Amerikaner zahlen auch die kleinsten Beträge im Supermarkt mit Kreditkarte, die wenigsten haben Bargeld dabei). Unsere Kreditkarten haben die Tanksäulen allerdings nicht akzeptiert, da wir kein Bankkonto in den USA hatten.